Janka - die junge Märtyrerin
Eine wahre Begebenheit aus der Slowakei
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„Es war im Spätherbst 1977. In unserer slowakischen Stadt hatten die Studentinnen der Krankenschwestern-Schule eine freie Stunde“ Maruschka, eine junge künftige Krankenschwester, entschloss sich, anstatt in die Konditorei in die Kinderabteilung des städtischen Spitals zu gehen, obwohl sie als Studentin des ersten Semesters nicht dazu verpflichtet war. Sie ging ins Krankenhaus mit der Absicht, mit den Kindern zu spielen und ihnen damit ein bisschen Abwechslung zu bieten. So ging sie von Bettchen zu Bettchen und fragte jedes der Kinder, wie es heiße, woher es komme usw.
So
kam sie auch zum Bett eines vierzehnjährigen Mädchens, das Janka hieß. Janka
antwortete ganz brav auf die gestellten Fragen und fügte schließlich hinzu:
„Jeder
fragt mich, wie ich heiße, aber niemand spricht mit mir.“
„Ich
kann mit dir reden! Ich habe eine Stunde frei.“
„Gut,
aber sage mir zuerst, ob du katholisch bist.“
„Ja,
ich bin es!“
„Und
gehst du auch in die Kirche?“
„Ja,
regelmäßig.“
„Also
gut.“ Ich verrate dir etwas, was ich bis jetzt noch niemandem erzählt
habe.“ Und so erzählte Janka Maruschka ihre Geschichte:
„Vor
fünf Jahren empfing ich zum ersten Mal die heilige Kommunion.“ Aber geheim.
Meine Großmutter hat mich darauf vorbereitet; denn meine Eltern sind in der
Partei. Die Mutter ist Lehrerin und der Vater stellvertretender Parteisekretär.
Nach der ersten Kommunion hatte ich einen besonderen Traum. Ich sah Jesus
Christus — er war schön und groß. In der Hand hielt er zwei Kränze, einen
weißen und einen roten, und fragte mich: „Janka, welchen willst du?“ —
„Beide!“, antwortete ich.“ Aber wenn du den roten empfangen wirst, wirst
du leiden!“ — „Das macht nichts, ich will beide!“
Nachher
sah ich auf der rechten Seite eine Schar aus der Welt und auf der linken aus dem
Abgrund. Beide Scharen riefen mir zu: „Janka, hilf uns!“
Wenn wir alles tun, was in
unseren Kräften steht, dann tut Gott das Übrige.
Arnold Jansen
Als
ich zu Jesus Christus lief und ihm buchstäblich die beiden Kränze aus den Händen
riss, riefen mir die beiden Scharen wiederum zu: „Janka, hilf uns!“ — Kurz
darauf hatten meine Eltern erfahren, dass ich bei der ersten Kommunion war. Sie
schrien die Großmutter an und warfen sie schließlich aus dem Haus. Ich weinte
sehr. Die Mutter hatte auch mein Zimmer durchsucht und verbrannte vor meinen
Augen alle Heiligenbildchen und den Katechismus. Nachher legte sie ein Buch von
Lenin auf den Tisch und schrie mich an: „Das werden wir jetzt studieren!“
Ich spuckte auf das Buch. Damals prügelte mich der Vater durch und durch,
nachher gingen sie weg. Ich blieb allein zu Hause. Ich dachte nach, wo wohl die
Großmutter sein mochte. Sicher war sie in der Kirche. Dort fand ich sie auch.
Ich
bereitete einen Plan vor.
„Kommen
Sie, Großmutter, schlafen Sie bei uns. Die Eltern sind den ganzen Tag weg. Sie
werden in meinem Zimmer wohnen. Mein Schulbrot überlasse ich Ihnen und werde
auch auf dem Weg zur Schule etwas kaufen.“ Sie gehorchte mir. Es war gerade
Weihnachten.
Am
25. Dezember jenes Jahres kehrten die Eltern zurück, und unser Abenteuer
begann. Doch leider, es dauerte lediglich zehn Tage. Sie entdeckten unsere Großmutter
bei mir. Sie jagten sie noch grausamer davon als das erste Mal. Sehr hatte ich
geweint und geschrien. Der Vater wurde sehr böse. Er zog mich aus, band mich an
den Tisch und hatte mich fast zu Tode geprügelt.
Sieh
mal, welches Loch ich hier unter dem Knie noch habe von diesen Prügeln. Nun,
das war halb so schlimm; mich schmerzte nicht so sehr der Körper wie die Seele;
denn Großmutter hatte man hinter der Kirche erfroren aufgefunden ...
Ich
weinte, dass ich nicht zur Beerdigung gehen durfte. Bei uns hatte niemand
ermittelt; denn man wusste nicht, dass sie die Großmutter weggejagt hatten. Mir
hatte der Vater gedroht, dass er mich totschlagen würde, wenn ich irgendetwas
sagte. Man hatte mich ins Spital gebracht, doch in einen anderen Bezirk, ja in
einen anderen Landkreis. Niemand in meiner Familie konnte ahnen, was mit mir los
war. Seither bin ich mehr in Spitälern als zu Hause. Ich bin ganz allein.“
Die
Studentin unterbrach Janka mit der Frage:
„Und
warum bist du hier?“
„Schau
mal, da auf meinem Kopf, auf dieser Seite ist irgendeine Beule, die wächst.
Dorthin hatte mich der Vater geschlagen. Seither wächst mir das, und es fließt
da etwas heraus, man wird es mir operieren.
Maruschka
hatte begriffen, dass es sich um einen Tumor handelte. Deshalb machte sie die
Patientin aufmerksam:
„Das
ist eine schwere Operation. Du solltest den Herrn Pfarrer kommen lassen, Jesus
Christus empfangen und um die Krankensalbung bitten.“
„Gerade
deshalb habe ich dir das erzählt und dich zuerst gefragt, ob du Katholikin
bist.“
„Gut!“
antwortete Maruschka, „aber du musst den Spitalarzt um Erlaubnis bitten, ich
werde zur Pfarrei gehen.“
So
endete die Stunde einer neuen Freundschaft. Maruschka gab Janka die Adresse
ihrer Eltern, weil sie im Internat wohnte. Sie bat sie zu schreiben, ob der Herr
Pfarrer gekommen sei, oder ob sie es nochmals veranlassen sollte. Sie versprach
auch, Janka nach der Operation zu besuchen.
Zum
versprochenen Besuch kam sie aber erst vierzehn Tage später. Sie fand Janka
nicht mehr auf der Abteilung. Die Schwester teilte ihr mit, das Mädchen sei
nach der Operation gestorben. Maruschka eilte heim und erkundigte sich nach
einem Brief. Er wartete bereits zwei Wochen auf sie. Janka hatte ihn sofort nach
der Operation abgeschickt. Im Brief stand folgendes:
„Maruschka!
Ich danke Dir, dass Du mir meine letzte heilige Kommunion vermittelt hast. Ich
hatte nur die erste und die letzte. Jetzt bin ich nach der Operation. Weißt Du,
was passiert ist? Ich bin nach der Operation taub geworden. Meine Eltern waren
darüber sehr unglücklich. Ich habe allerdings nicht gehört, was sie mir
gesagt haben. Und so zog mein Vater aus seiner Brieftasche ein Bildchen des
gekreuzigten Jesus Christus. Dann schrieb er ein paar Sätze auf ein Stück
Papier und gab es mir zu lesen: „Janka, Du bist unser gekreuzigter Christus!
Du hast uns zurück zu Gott geführt. Ich bin nicht mehr Parteisekretär,
sondern Lagerverwalter. Mutter ist nicht mehr Lehrerin, sondern Verkäuferin.
Wir danken Dir ... Aus der Partei sind wir ausgetreten. Vater und Mutter.“
Janka
starb am 5. Dezember 1977, weit weg von ihrem Heimatort, damit niemand etwas
davon erfahren konnte. Doch die Studentin sowie der Brief von Janka als weiteres
Dokument sind bezeugt.“
Diese
Geschichte erschien in einem kanadischen Exilblatt, deren Herausgeber
slowakische Jesuiten in Kanada sind.
Aus:
St. Josephsblatt, Nr. 1, Oktober 2001, S.12 u. 13