04.02.2018

Hl. Veronika

Jüngerin Jesu?

Die heilige Veronika ist eine legendenhafte Gestalt, die als Berenike im apokryphen (d.h. nicht echten) sog. Nikodemusevangelium vorkommt. Dort ist es der Name der Frau, die Jesus von ihren Blutungen geheilt hat. In einer späteren, koptischen Version ist Berenike eine Jüngerin Jesu und im Besitz eines Abbildes des Herrn, um das sie ihn gebeten hat, weil sie ihm nicht auf seinen Wegen nachfolgen konnte. Kaiser Tiberius, der von einem „Wunderheiler“ in Palästina gehört habe, habe einen Boten dorthin geschickt, doch Jesus ist schon gekreuzigt und auferstanden und nicht mehr in der Welt. Berenike trifft nach der Legende den Boten des kranken Kaisers und reist mit ihm nach Rom, wo Tiberius beim Anblick des Abbildes Christi gesund wird. Im Lauf der Zeit entstehen weitere Fassungen der Legende, wobei im lateinischen Westen der Name Berenike zu Veronika wird.

Im 13. Jahrhundert, als sich die Betrachtung des Kreuzweges mit seinen verschiedenen Stationen herausbildet (von Jerusalem ausgehend), wird Veronika diesem Geschehen zugeordnet: Dem leidenden und zerschundenen Heiland reicht sie ihr Schweißtuch, auf dem der Abdruck seines Antlitzes erhalten bleibt. Bis heute bildet dieses Ereignis die 6. Station des Kreuzweges.

Wir dürfen uns nicht wundern, dass diese Geschichte, die doch eine Legende ist, einen festen Bestandteil des Kreuzweges bildet. Auch andere Stationen sind keineswegs in den Evangelien berichtet, so die Übernahme des Kreuzes (die aber natürlich stattgefunden haben muss), das dreimalige Fallen Jesu unter dem Kreuz (das aber durchaus wahrscheinlich ist), die Begegnung mit seiner Mutter, und dass der Leichnam Jesu in den Schoß seiner Mutter gelegt wird (auch die letzteren beiden Ereignisse sind gut vorstellbar). Vorstellbar ist auch, dass eine Frau (es ist ja bezeugt, dass Frauen Jesus auf dem Kreuzweg begegneten), ihn in irgendeiner Form zu trösten suchte, vielleicht durch einen angebotene Trunk Wasser oder Wein und vielleicht auch mit einem Schweißtuch (wie es Anna Katharina Emmerick in einer Vision sah). Auch wenn der Name Veronika nicht echt ist, wir dürfen unter diesem Namen sicher eine Frau verehren, die Jesus auf seinem Leidensweg mit Mut und Hingabe etwas Gutes tun wollte, und in ihr alle Frauen sehen, die mutig und liebevoll denen beizustehen versuchen, die von den Mächtigen ungerecht verurteilt und gefoltert werden.

Allen Veronikas, denen diese Gestalt zu legendenhaft ist und die sich eine historisch fassbare Heilige als Namenspatronin wünschen, sei die heilige Veronica Giuliani empfohlen, die sich auf einzigartige Weise in das Leiden Jesu einfühlen konnte und schon als Kirchenlehrerin vorgeschlagen wurde. Ihr Gedenktag ist der 9. Juli.

Man hat den Namen Veronika auch als „vera icon“, d.h. „wahres Abbild“ gedeutet, dass also von dem wahren Abbild Jesu auf dem Tuch her der unbekannten Frau erst dieser Name verliehen worden sei. Um dieses „wahre Abbild“ ranken sich ebenfalls allerhand Legenden. Sicher ist, dass seit dem 6. Jahrhundert von einem „nicht von Menschenhand gemalten“ Bild Christi auf einem feinen Tuch oder Schleier berichtet wird und es seit dem 8. Jahrhundert in Rom als großer Schatz der Christenheit bezeugt ist. Es wurde in der alten Petersbasilika in einer eigenen Veronika-Kapelle aufbewahrt. Nach dem Neubau des Petersdomes kam die Veronika-Reliquie in einen der vier großen Pfeiler, die die Kuppel tragen, den Veronika-Pfeiler, wo sie sich bis heute befindet. Der Journalist Paul Badde allerdings ist überzeugt, dass dort längst nicht mehr das Original ruht, sondern dass dieses vielmehr in Manoppello zu sehen ist. Es sei auch nicht das Abbild des leidenden Jesus, sondern des auferstandenen, und stamme aus dem Grab Jesu, ebenso wie das Leintuch von Turin. Wie immer es sich verhält, sein Buch ist sehr spannend zu lesen (Paul Badde, Das Göttliche Gesicht, Knaur Taschenbuch 2007).