26.05.2017

Hl. Bonaventura (1221 — 1274), Kirchenlehrer zum Besitz des Himmelreiches — Text für 26.05.17

Das Himmelreich ist weit wie eine Liebe ohne Grenzen. Selbst wenn es Menschen „aus allen Sprachen, allen Völkern, allen Stämmen und Nationen“ (Offb 5,9) umfasst, so fühlt sich dennoch darin keiner beengt; im Gegenteil, ein jeder gewinnt an Weite, und seine Glorie nimmt gleichermaßen zu. Das lässt den hl. Augustinus sagen: „Wenn viele an der gleichen Freude teilhaben, so ist die Freude eines jeden noch größer, weil jeder den anderen ansteckt.“ Diese Weite des Himmelreichs drückt die Heilige Schrift so aus: „Fordere von mir, und ich gebe dir die Völker zum Erbe“ (Ps 2,8) und: „Viele werden von Osten und Westen kommen und im Himmelreich zu Tisch sitzen“. Weder die vielen, die sich nach dem Himmelreich sehnen, noch die es schon besitzen; weder die vielen Lebenden noch jene, die erst kommen werden, machen den Raum in diesem Reich eng oder fügen jemandem einen Nachteil zu.

Aber warum darf ich darauf vertrauen oder die Hoffnung haben, dass ich das Himmelreich besitzen werde? Zweifellos aufgrund der Großherzigkeit Gottes, der mich einlädt, „zuerst das Reich Gottes zu suchen“ (Mt 6,33); und wegen der Wahrheit, die mich stärkt: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben“ (Lk 12,32); und wegen der gütigen Liebe, die mich freigekauft hat: „Würdig bist du, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen, denn du wurdest geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erworben aus allen Stämmen und Sprachen, aus allen Nationen und Völkern, und du hast sie für unseren Gott zu Königen und Priestern gemacht, und sie werden auf der Erde herrschen“ (Offb 5,9-10).