22.11.2017

Hl. Bonaventura (1221-1274) Franziskaner, Kirchenlehrer zum Gast unserer Seele

Höre, o Seele, welch eine Würde du hast. So groß ist deine Lauterkeit, dass nichts die Wohnstatt deines Geistes bewohnen kann oder auch sich darin aufhalten kann, nur die ewige Dreifaltigkeit in ihrer Reinheit und Lauterkeit. Höre die Worte deines Bräutigams: „Mein Vater und ich werden zu ihr kommen und bei ihr wohnen“ (vgl. Joh 14,23) und außerdem: „Komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein.“ Nur Gott, dein Schöpfer, kann wahrhaft ins Innere deiner Seele gelangen, denn nach dem Zeugnis des hl. Augustinus ist er dir näher, als du dir selbst.

Juble also, o glückselige Seele, dass du Gastgeberin eines solchen Gastes bist. „O glückselige Seele, die du Tag für Tag dein Herz läuterst, um den Gott zu empfangen, der sie erhält, jenen Gott, dessen Gastgeber nach nichts anderem mehr verlangt, da er in seinem Inneren den Ursprung alles Guten besitzt.“

Wie frohgemut ist die Seele, die Gott zu seiner Ruhestätte macht, denn sie kann behaupten: Mein Schöpfer ruht unter meinem Zelt. Kann ein solcher Gott demjenigen die himmlische Ruhestätte verweigern können, der ihm auf Erden eine Ruhestätte gab?

Du bist zu begehrlich, meine Seele, wenn die Gegenwart eines solchen Gastes dir nicht ausreicht. Wisse nur, er ist so großzügig, dass er dich mit seinen Gaben überschütten wird. Seine Gastgeberin Not leiden zu lassen, wäre dies nicht eines solchen Herrschers unwürdig? Schmücke also dein Brautgemach und empfange darin Christus, deinen König, dessen Gegenwart deine ganze Familie erfreuen und mitreißen wird.

O wahrhaft unfassbares und anbetungswürdiges Wort! Der König, dessen Herrlichkeit von Sonne und Mond bewundert wird, vor dessen Majestät sich Himmel und Erde verbeugen, dessen Weisheit Legionen von himmlischen Wesen erleuchtet und dessen Barmherzigkeit die Gemeinde der Seligen sättigt, dieser König bittet um deine Gastfreundschaft, er sehnt sich und begehrt deine Wohnstatt mehr als seinen himmlische, denn es bereitet ihm allergrößte Freude, bei den Menschenkindern zu wohnen.