20.12.2017

Hl. Bernhard von Clairvaux (1091-1153), Zisterziensermönch und Kirchenlehrer zum Evangelium vom 20.12.2017

„Ich bin die Magd des Herrn“

„Der Engel Gabriel wurde von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret gesandt.“ Es überrascht euch, dass Nazaret, eine so kleine Stadt, mit der Botschaft eines großen Königs geehrt wurde – und mit welcher Botschaft! In diesem Städtchen verbirgt sich nämlich ein großer Schatz. Die Menschen wissen nichts davon, wohl aber Gott. Ist nicht Maria dieser Schatz Gottes? Gottes Herz folgt ihr überall hin. Sein Auge wacht über sie, er wendet den Blick nicht von seiner demütigen Magd.

Wenn der einzige Sohn Gottes des Vaters den Himmel kennt, kennt er auch Nazaret. Wie sollte er auch seine Heimat und sein Erbe nicht kennen? Mit dem Himmel ist er durch seinen Vater verbunden, mit Nazaret durch seine Mutter; er nennt sich nämlich sowohl Sohn Davids als auch Herr (Mt 22,42f)… „

„Fürchte dich nicht, Maria, denn du hast bei Gott Gnade gefunden.“ Und was für eine Gnade! Eine umfassende, einzigartige, einmalige Gnade… umso einmaliger, als sie allen Menschen gilt… Eine einzigartige Gnade, denn du allein, Maria, hast die Fülle, die alles umfassende Gnade, da alles, was Gott geschaffen hat, teilhat an dieser Fülle: „Du bist gesegnet unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes“ (Lk 1,42). Die Frucht deines Leibes gehört nicht nur dir, sondern durch deine Vermittlung den Seelen aller Menschen… In dir allein hat sich dieser reiche König geschlagen gegeben, hat sich dieser große Herr gedemütigt, hat sich dieser unendliche Gott klein gemacht. Er hat sich unter die Engel erniedrigt (Hebr 2,7); Als wahrer Gott und Sohn Gottes hat er Fleisch angenommen. Aber wozu? Um uns alle mit seiner Armut reich zu machen, uns mit seiner Erniedrigung zu erheben, uns größer zu machen, indem er klein wurde, uns an Gott zu binden, indem er Mensch geworden ist, damit wir beginnen, mit ihm eines Geistes zu sein (2 Kor 8,9; 1 Kor 6,17).