20.07.2017

Hl. Dorotheos von Gaza (um 500-?), Mönch in Palästina zum Evangelium vom

 „Kommt alle zu mir“

Wer echte Ruhe für seine Seele finden will, der lerne demütig zu sein. Könnte er doch erkennen, dass in der Demut sich alle Freude, alle Herrlichkeit, alle Ruhe finden lässt – so wie im Stolz das genaue Gegenteil! Und wie sind wir tatsächlich in all unsere Drangsale geraten? Warum sind wir in das ganze Elend gestürzt? War nicht unser Stolz die Ursache? Unsere Narrheit? War nicht der Grund der, dass wir unseren bösen Vorsatz ausgeführt haben und gefesselt waren an die Bitterkeit unseres Willens? Aber warum das? War der Mensch nicht hineingeboren in die Fülle des Wohlbehagens, der Freude, der Ruhe und Herrlichkeit? War er nicht im Paradies? Ihm war geboten: Tu das nicht – doch er tat es. Begreift ihr den Stolz, die Anmaßung, den Ungehorsam? „Der Mensch ist verrückt!“ sagte Gott angesichts dieser Überheblichkeit, „er versteht es nicht glücklich zu sein. Wenn er nicht böse Tage durchleben muss, wird er sich noch ganz zugrunde richten. Wenn er nicht erfährt, was Trübsal ist, wird er auch nicht wissen, was Friede ist.“ So gab ihm Gott, was er verdient hatte, und vertrieb ihn aus dem Paradies [...]

Und doch hat Gott, wie ich schon wiederholt sagte, in seiner Güte sein Geschöpf nicht verlassen, sondern er wendet sich ihm wieder zu und ruft es von neuem: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen“ (Mt 11,28). Das heißt: Ihr seid müde, ihr seid unglücklich, ihr habt das Unheil erfahren, das von eurem Ungehorsam kommt. So bekehrt euch endlich, gesteht euch eure Ohnmacht und Schande ein und kehrt zurück zu eurem Frieden und eurer Herrlichkeit! Kommt werdet lebendig durch die Demut, ihr, die ihr durch Stolz zu Tode gekommen seid. „[...] lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele“ (Mt 11,29).