19.04.2017

Hl. Gregor der Große (540-604), Papst und Kirchenlehrer zum heutigen Evangelium

Maria erfährt an sich das Mitleid Gottes; genau diese Maria [...], deren zärtliche Geste von einem Pharisäer verurteilt wurde. „Als der Pharisäer [...] das sah, dachte er: Wenn er wirklich ein Prophet wäre, müsste er wissen, was das für eine Frau ist, von der er sich berühren lässt; er wüsste, dass sie eine Sünderin ist“ (Lk 7,39). Aber ihre Tränen haben den Schmutz von ihrem Leib und von ihrem Herzen abgewaschen; sie hat sich ihrem Herrn zu Füßen geworfen, die Wege des Bösen verlassen. Sie setzte sich Jesus zu Füßen und hörte ihm zu (Lk 10,39). Als er noch lebte, umfing sie ihn mit den Armen; als er tot war, suchte sie ihn. Und sie hat entdeckt, dass der lebte, den sie für tot hielt. Sie hat so viel Gnade bei ihm gefunden, dass sie es war, die für die Apostel, den Boten Gottes, zur Botin dieser Nachricht wurde!

Was anderes, meine Brüder, sollen wir daran erkennen, wenn nicht die unendliche Liebe unseres Schöpfers, der, um unser Gewissen wachzurütteln, uns überall Beispiele reuiger Sünder vor Augen stellt. Ich blicke auf Petrus, ich betrachte den Schächer, ich prüfe Zachäus, ich befasse mich mit Maria – und ich sehe nichts anderes in ihnen als Aufforderungen zu Hoffnung und Reue. Ist euer Glaube von Zweifel bedroht? So denkt an Petrus, der bitterlich über seine Feigheit weint. Kocht ihr vor Wut über euren Nächsten? So denkt an den Schächer. Mitten im Todeskampf zeigt er Reue und erhält so ewigen Lohn. Trocknet euch Geiz das Herz aus? Habt ihr jemanden ausgeplündert? So denkt an Zachäus, der das Vierfache von dem zurückgibt, was er einem weggenommen hat. Seid ihr einer Leidenschaft zum Opfer gefallen und habt dabei die Reinheit des Leibes verloren? So schaut auf Maria, die die fleischliche Liebe im Feuer der göttlichen Liebe läutert.

Ja, der allmächtige Gott schenkt uns überall Beispiele und Zeichen seines Mitgefühls. Lasst uns also unsere Sünden verabscheuen, auch die, die sehr weit zurückliegen. Der Allmächtige vergisst gerne, dass wir Böses getan haben; er ist bereit, in unserer Reue sogar die Unschuld zu sehen. Und wir, die wir von den Wassern des Heils gekostet haben und doch befleckt geblieben waren, wir werden wiedergeboren aus unseren Tränen. In seiner ewigen Freude wird euch unser Erlöser über eure Tränen eines Tages [dieses irdischen Lebens] hinwegtrösten.