14.06.2017

Hl. Augustinus (354 — 430), Bischof von Hippo und Kirchenlehrer zum Evangelium vom 14.06.2017

 „Wer eines von diesen Geboten, auch den kleinsten, auflöst und so die Menschen lehrt, wird der Geringste heißen im Himmelreich; wer sie aber vollbringt und so lehrt, wird ein Großer heißen im Himmelreich.“ Der eine wie der andere ist nach diesem Ausspruch im Himmelreich, der sowohl, der die Gebote nicht vollbringt, die er lehrt [das nämlich bedeutet „auflösen“; es ist soviel wie: nicht halten, nicht vollbringen], als auch der, der sie vollbringt und lehrt; nur dass der eine der Geringste heißt, der andere ein Großer.

Und unmittelbar daran schließt der Herr die Worte (Matth. 5, 20.): „Denn ich sage euch, wenn eure Gerechtigkeit nicht hinausgeht über die der Schriftgelehrten und Pharisäer“, das heißt über die, die auflösen, was sie lehren [von den Schriftgelehrten und Pharisäern nämlich sagt er an anderer Stelle (Ebd. 23, 3.): „Denn sie sagen es wohl, tun es aber nicht“], — wenn also über sie eure Gerechtigkeit nicht hinausgeht, so dass ihr also nicht auflöset, sondern vielmehr vollbringet, was ihr lehret, „so werdet ihr nicht in das Himmelreich eingehen“. Man muss also ein doppeltes Himmelreich annehmen: eines ist das, worin beide sich befinden, der sowohl, der auflöst, was er lehrt, wie der, der es vollbringt, nur eben der eine als der Geringste, der andere als ein Großer; und ein anderes ist das, in welches nur der Vollbringer eingeht. Demnach ist das Himmelreich, worin beide Arten von Menschen vorkommen, die Kirche, wie sie jetzt ist; das aber, wo es nur die eine Art gibt, ist die Kirche, wie sie einmal sein wird, wenn sich kein Böser mehr in ihr befindet.

Also ist auch jetzt schon die Kirche das Reich Christi und das Himmelreich. Es herrschen sonach mit ihm auch jetzt seine Heiligen, freilich anders, als sie dereinst herrschen; dagegen hat keinen Anteil an der Mitherrschaft das Unkraut, obwohl es in der Kirche mitsamt dem Weizen heranwächst. Es herrschen nämlich mit ihm die, die nach dem Worte des Apostels (Kol. 3, 1 f.) handeln: „Wenn ihr auferstanden seid mit Christus, so sinnet auf das, was oben ist, wo Christus sitzt zur Rechten des Vaters; was oben ist, suchet, nicht was auf Erden ist;“ solche, von denen er im gleichen Sinne sagt (Phil. 3, 20.), dass ihr Wandel im Himmel sei. Mit einem Wort, es herrschen mit ihm die, die in seinem Reiche und zugleich, selbst sein Reich sind. Aber Christi Reich können selbstverständlich nicht sein die, die zwar in seinem Reiche sind auf so lang, bis am Ende der Weltzeit von seinem Reiche alle Ärgernisse zusammengelesen werden, aber in diesem seinem Reiche, um von anderem zu schweigen, das Ihrige suchen, nicht das, was Jesu Christi ist (Ebd. 2, 21.).