11.04.2017

Hl. Papst Leo der Große (390 — 461), Kirchenlehrer zur menschlichen Schwachheit

Unsertwegen hatte der Herr die menschliche Schwachheit angezogen, um unsere Ohnmacht mit seiner Kraft und Stärke zu umkleiden; denn als ein reicher und barmherziger Kaufherr war er vom Himmel in diese Welt gekommen und durch einen gar wunderbaren Tausch auf einen uns Segen bringenden Handel eingegangen, indem er das Unsrige für das Seinige hinnahm: Für Beschimpfungen gab er uns Ehren, für Schmerzen Genesung und für den Tod das Leben [...

Welchen Nutzen diese Selbsterniedrigung allen Gläubigen brachte, das erfuhr zuerst der hochselige Apostel Petrus: Obgleich ihn nämlich der heftige Sturm der nun losbrechenden Grausamkeit eingeschüchtert hatte, raffte er sich doch schnell zu neuem Mute auf. Sein Vorbild war es, der ihn heilte [...] „Konnte doch der Knecht nicht über dem Herrn und der Jünger nicht über dem Meister sein“ (vgl. Mt 10,24). Nie hätte er als schwacher Mensch die Angst überwunden, hätte nicht zuvor der Sieger über den Tod die Furcht gekostet. So blickte also der Herr Petrus an (Lk 22,61). Inmitten der Verleumdungen der Hohenpriester und der Aussagen falscher Zeugen, inmitten der Schmähworte derer, die ihn schlugen und anspien, suchte Christus den wankend gewordenen Jünger mit jenem Auge, mit dem er sein Unterliegen vorhergesehen hatte. Und der Blick der Wahrheit traf den Apostel ins Herz, wo sich seine Umkehr vollziehen sollte, als ob er hier gewissermaßen die Worte des Herrn hörte: „Petrus, wohin geht dein Weg? Warum trittst du wieder in deine alten Fußtapfen? Kehre zu mir zurück! Setze dein Vertrauen auf mich und folge mir! Dies ist die Zeit, wo ich leiden muss; die Stunde deines Todes ist noch nicht gekommen. Warum fürchtest du, was du doch selbst dereinst überwinden wirst? Strauchle nicht über meine Schwachheit, die ich auf mich nahm! Ich fürchtete für dich, du aber sollst meinetwegen außer Sorge sein!“