03.05.2017

Hl. Teresa von Avila (1515 — 1582), Kirchenlehrerin zum heutigen Evangelium = Brot vom Himmel

Der gute Jesus, der sah, wie sehr seine Hilfe uns nottut, hat ein wunderbares Mittel ersonnen, durch das uns das Übermaß seiner Liebe für uns aufscheint. Deshalb also sprach er in seinem Namen und im Namen aller seiner Brüder dieses Gebet: „Unser tägliches Brot, Herr, gib uns heute.“ (vgl. Mt 6,11)... Er hat gespürt, dass er unsere Liebe wecken muss, indem er uns seine Liebe vor Augen stellt, und das nicht nur einen Tag lang, sondern tagtäglich. Deshalb hat er sich dafür entschieden, in unserer Mitte zu wohnen...

Ich kann meine Bewunderung nicht zurückhalten darüber, dass diese Bitte die einzige ist, in der er die gleichen Worte wiederholt. Denn zuerst betet er darum dass man uns dieses Brot täglich geben möge, dann fügt er hinzu: „Gib es uns heute.“ Das ist, als spräche er zu seinem Vater, dass er ihn uns nicht wegnehmen möge, wo er für uns dem Tode übergeben wurde und nunmehr uns gehört, sondern dass er ihn uns täglich zu Diensten sein lassen soll bis zum Ende der Welt... Wenn er spricht „Unser tägliches Brot“, dann meiner Meinung nach deshalb, weil wir ihn nicht nur auf Erden besitzen, sondern ihn auch im Himmel besitzen werden, wenn wir aus seiner Gegenwart zu leben verstehen... Wenn er sagt „heute“, dann scheinbar, um den einen Tag anzudeuten, das heißt die Dauer der Welt, denn die Welt besteht wirklich nur für einen Tag...

Der Sohn sprach denn auch zum ewigen Vater: „Da es nur um diesen einen Tag geht, gestatte mir, ihn in Knechtschaft zu verbringen.“ Gott-Vater hat ihn uns gegeben und ihn in diese Welt geschickt, weil er es wollte. Der Sohn seinerseits, durch seinen eigenen Willen, will uns nicht verlassen, sondern in unserer Mitte wohnen zur größeren Ehre seiner Freunde und zur Beschämung seiner Feinde. Er bringt diese neuerliche Bitte nur für heute vor; der ewige Vater hat uns dieses geheiligte Brot gegeben, und es ist für immer, ich wiederhole es, dass er uns diese Nahrung der Menschheit des Erlösers gegeben hat, unsere Stütze, unser wahres Manna. In diesem allerheiligsten Sakrament findet unsere Seele allen Wohlgeschmack und alle Tröstungen, die sie sich wünschen kann (vgl. Weish 16,20). Und wenn wir keinen Fehler begehen, können wir sicher sein, nicht Hungers zu sterben.