49. Kapitel

Vom gläubigen Vertrauen auf Maria, die allerseligste Jungfrau

Willst du in all deinen Nöten mit gläubigem Vertrauen zur allerseligsten Jungfrau Maria deine Zuflucht nehmen, dann kannst du dieses Vertrauen durch folgende Erwägungen erlangen.

Erstens: Schon aus Erfahrung wissen wir, daß alle Gefäße, in denen sich Balsam oder eine andere kostbare Flüssigkeit befand, lange Zeit den Geruch davon bewahren, auch wenn sie nichts mehr enthalten, und das umso mehr, je länger sie damit angefüllt waren, und erst recht, wenn noch ein Rest in ihnen zurückgeblieben ist. Und dennoch besitzen der Balsam oder jene andere Flüssigkeit nur eine beschränkte und vorübergehende Kraft und Wirkung. Ebenso verspürt auch derjenige, der in der Nähe eines großen Feuers stand, noch längere Zeit nach seiner Entfernung die Wärme der Glut.

Wenn dem so ist: Von welchem Feuer der Liebe und von welchen Gefühlen der Erbarmung und Güte muß dann das Herz der allerseligsten Jungfrau Maria glühen und erfüllt sein? Sie, die den Sohn Gottes neun Monate in ihrem jungfräulichen Schoß trug und ihn noch immer in ihrem Herzen und ihrer Seele trägt, der die Liebe, Erbarmung und Güte selbst ist, deren Kraft keine Grenzen und Schranken kennt und von unendlicher und grenzenloser Gewalt ist.

Wie es aber unmöglich ist, daß jemand zu einem großen Feuer hintritt, ohne von dessen Hitze etwas zu verspüren, ebenso und noch viel mehr ist es ausgeschlossen, daß ein Hilfsbedürftiger, der sich diesem Feuer der Liebe, Erbarmung und Güte, das im Herzen der allerseligsten Jungfrau immerfort brennt, nähert, ohne Hilfe, Gnaden und Gaben bleibt. Und diese werden umso reicher sein, je häufiger er sich ihr naht und je größer sein Glaube und sein Vertrauen sind.

Zweitens: Kein Geschöpf liebte jemals den göttlichen Heiland Jesus Christus so innig und kein Geschöpf stimmte jemals mit seinem Willen so vollständig überein, wie seine heiligste Mutter.

Nun hat der Sohn Gottes selber sein Leben und sich selbst ganz für uns Sünder und unsere Bedürfnisse hingegeben und seine Mutter zu unserer Mutter und Fürsprecherin bestellt, damit sie uns beistehe und nach ihm Mittlerin zu unserem Heile sei; wie könnte daher unsere Mutter und Fürsprecherin uns im Stich lassen und sich gegen den Willen ihres Sohnes auflehnen?

Nimm deshalb in jeder Not mit Zuversicht deine Zuflucht zur heiligsten Mutter und Jungfrau Maria. Beseligend und bereichernd ist dieses Vertrauen und Sicherheit bietet die Zuflucht zu ihr, die da immer noch Gnade und Erbarmung spendet.