48. Kapitel

Von der Art und Weise, durch die Vermittlung Mariens zu beten

Außer den oben dargelegten Betrachtungsweisen gibt es noch eine weitere Art, betrachtend zu beten, nämlich mittels der allerseligsten Jungfrau Maria, wobei man zuerst sein Gemüt zum ewigen Gott, dann zum liebreichen Jesus und zuletzt zur glorreichsten Mutter erhebt.

Zu Gott gewendet erwäge zweierlei: Erstens die Wonne, die er von Ewigkeit her empfand, wenn er sich selbst in Maria betrachtete, bevor er sie aus dem Nichts ins Dasein gerufen hatte; und zweitens ihre Tugenden und guten Werke während ihres irdischen Lebens.

Über die Wonne kannst du also betrachten: Schwinge dich im Geiste empor über Zeit und Raum und tritt in die Ewigkeit und ins Herz Gottes selbst ein; schau da seine Wonne, die er über Maria empfand. Und hast du in dieser Wonne Gott gefunden, dann bitte ihn zuversichtlich um ihretwillen um die Gnade und Kraft zur Vernichtung deiner Feinde, vor allem desjenigen, der dich eben bekämpft.

Nun betrachte die überaus erhabenen und so einzigartigen Tugenden und guten Werke der heiligsten Mutter; biete sie einmal alle insgesamt und dann wieder einzeln dem lieben Gott dar und erflehe kraft derselben von seiner unendlichen Güte alles, was dir nottut.

Darauf wende dich im Geiste zum Sohne: Erinnere ihn an den jungfräulichen Schoß, der ihn neun Monate trug; an die Ehrfurcht, mit der ihn die Jungfrau nach seiner Geburt anbetete und als wahren Mensch und wahren Gott und als ihren Sohn und Schöpfer anerkannte; an die mitleidsvollen Augen, die ihn in seiner großen Armut schauten; an den süßen Mund, der ihn so zart küßte; an die Milch, mit der sie ihn nährte, und alle Angst und Not, die sie während seines Lebens und Sterbens um seinetwillen erduldete. Damit wirst du dem göttlichen Sohne gewiß sanfte Gewalt antun, dich zu erhören.

Zuletzt kehre dich zur allerseligsten Jungfrau: Erinnere sie, daß Gottes Vorsehung und Güte von Ewigkeit her sie zur Mutter der Gnade und Erbarmung und zu unserer Fürsprecherin erkor, und daß wir nach ihrem gebenedeiten Sohne keine zuverlässigere und mächtigere Hilfe besitzen als sie.

Erinnere sie auch an die Wahrheit, die über sie aufgezeichnet und durch eine Unzahl von Wundern bestätigt ist, daß niemand sie je mit Vertrauen angerufen, der ihre mildreiche Fürsprache nicht erfahren hätte.

Stelle ihr endlich die vielen Leiden vor, die ihr einziger Sohn zu unserem Heil auf sich genommen hat, und bitte sie, sie möge dir von ihm die Gnade erlangen, daß sie zu seiner Ehre und Freude jene Wirkung in dir hervorrufe, um derentwillen er sie gelitten hat.