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14.04.2017

Karfreitag

St. Taumatim 4. n. Chor

0 Tag der größten und nicht zu Ende denkbaren Gegensätzlichkeit! Ein Schmerz ohnegleichen — ein Sieg ohnegleichen!

Ein zerbrochenes Schwert — ein leuchtendes Siegesschwert!

Eine Dornenkrone des Zertretenen — eine Königskrone aus den Sternen des Weltalls!

Ein bespiener roter, alter Soldatenmantel um den zerrissenen Leib des Gegeißelten — ein Königsmantel aus Gnaden des Erlöserblutes um die ganze Menschheit!

Da kniet St. Taumatim in der Mitte. Er schwankt von der Wucht dieser Gegensätzlichkeit. Er hält mit seiner ganzen Kraft die goldene Schale dem Herrn hin, und leise, ganz langsam, tropft es hinein vom Haupt des Herrn, Tropfen um Tropfen.

Dann versiegt es. Dann der Schrei: „Es ist vollbracht!“ und wie ein unstillbarer Sturzbach füllt jetzt das Blut die Schale St. Taumatims und rinnt über und rinnt bis heute und bis zum Jüngsten Tag.

St. Sederim 5. v. Chor

Auch er schwankt. Das ganze Sein des Engels hier unter dem Kreuze gleicht einem Kraftwerk in seinem höchsten Leistungsstand. Hier ist der Schnittpunkt für Himmel und Hölle, für Sein und Nicht-Sein jedes Menschen, jedes Engels. Hier erkennt der „Lichtträger“ sein Irrlicht, hier unter dem Kreuz ist seine Hölle, sein Abgrund, dem er nicht mehr entgeht. Hier gipfelt die Erlösung im Jubel der Heimkehr zum Vater nach vollbrachter Tat. Hier ist zu ermessen, welche Kraft das Leid hat, wenn es im Herrn getragen wird, — aber auch, dass Gott diese Kraft will und darum das Leid unsere stärkste Waffe und der Magnet für alle Gnaden aus dem Herzen des Herrn ist.

Wie ein Feuerwerk sprühen die Funken zwischen den Händen St. Sederims hin und her. Die Gewalt der Liebe im „Komme“ an die Seele ist nicht zu bändigen, — die Gewalt der Gerechtigkeit im „Weiche“ für alle, welche das Kreuz nicht erkennen und annehmen wollen, ist zerbrechende Wucht für jedes Geschöpf, das sich wider Gott stellt.

Hier ist Phase — Vorübergang des Herrn!

Der Engel der neunten Stunde

Er ist ein einfacher Engel, gleich St. Nun, dem Engel der Geringsten, der Hirten und Bettler, den wir in seinem schlichten Kleid mit dem hölzernen Schäflein in der Hand an der Krippe von Bethlehem knien sahen.

Dem Allmächtigen Gott gefällt es, Sich oft in dem Kleinsten, im Einfachsten am klarsten zu spiegeln; denn der Arme hat nichts, was er von sich aus dazugeben könnte und was so den Spiegel trüben würde. Dies zeigt uns Gott im „armen Engel“ der Hirten, und Er zeigt dies wiederum heute im schweigenden Engel der neunten Stunde.

Von dieser neunten Stunde sagt die Heilige Schrift:

„Von der sechsten bis zur neunten Stunde entstand eine Finsternis im ganzen Lande. Zur

neunten Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?“

In dieser Dunkelheit der neunten Stunde liegt die Aufgabe des Engels, der ganz still hinter St. Taumatim, seinen großen Bruder, gestellt ist.

Wir dürfen ihn erkennen auf seinem Platz unter dem Herzen des Herrn am Kreuz. Er kniet auf der bloßen Erde, und vor ihm tropft das Herzblut des Herrn herunter, und jeder Tropfen wird — gleichnishaft — zu einer einmalig seltsamen, heilig-wunderbaren Blume. Diese Blumen, aus Jesu Wunden rot, sie hat der Engel in alle neunten Stunden der Getreuen Jesu zu tragen, durch alle Zeiten und zu allen Orten. Überall, wo die Not am größten ist, da legt der heilige, stille Engel diesen blühenden, lebendigen Liebestropfen auf verschüttete Menschen, auf untergehende Schiffe, in einstürzende Bunker, auf ersterbendes Flüstern. Kein Schneesturm und keine Atombombe wird den Engel abhalten, in die neunte Stunde aller Kreuzträger diesen Liebesgruß des Herrn zu bringen und die Not der Menschen ihnen abzunehmen und ins Herz des Erlösers zu leiten. Dann wird der große Friede über die gequälten Seelen kommen und das befreiende Consummatum est. Und wenn gar ein Mensch die Gnade hat, an einem Freitag zu sterben und seine Todesstunde dem Herrn „nachzufeiern“, dann wird dieser heilige Engel einen solchen Frieden über dieses Angesicht legen, wie ihn die Welt und ein ganzes Leben niemals geben kann.