28.10.2017

Hl. Papst Johannes Paul II. zum Gebet

Ja, liebe Schwestern und Brüder, unsere christlichen Gemeinden müssen echte »Schulen« des Gebets werden, wo die Begegnung mit Christus nicht nur im Flehen um Hilfe Ausdruck findet, sondern auch in Danksagung, Lob, Anbetung, Betrachtung, Zuhören, Leidenschaft der Gefühle bis hin zu einer richtigen »Liebschaft« des Herzens. Ein intensives Gebet also, das jedoch nicht von der historischen Aufgabe ablenkt: Denn während es auf Grund seiner Natur das Herz der Gottesliebe öffnet, öffnet es dieses auch der Liebe zu den Brüdern und befähigt sie, die Geschichte nach Gottes Plan aufzubauen.

Gewiß sind zum Gebet vor allem jene Gläubigen aufgerufen, die das Geschenk der Berufung zu einem Leben besonderer Weihe empfangen haben: Das Gebet macht sie auf Grund seines Wesens bereiter für die kontemplative Erfahrung. Deshalb müssen sie es mit hochherzigem Einsatz pflegen. Aber man ginge fehl, würde man annehmen, die gewöhnlichen Christen könnten sich mit einem oberflächlichen Gebet zufriedengeben, das ihr Leben nicht zu erfüllen vermag. Besonders angesichts der zahlreichen Prüfungen, vor die die heutige Welt den Glauben stellt, wären sie nicht nur mittelmäßige Christen, sondern »gefährdete Christen«. Denn sie würden das gefährliche Risiko eingehen, ihren Glauben allmählich schwinden zu sehen. Schließlich würden sie womöglich dem Reiz von »Surrogaten« erliegen, indem sie alternative religiöse Angebote annehmen und sogar den seltsamen Formen des Aberglaubens nachgeben.