28.07.2017

Hl. Papst Johannes Paul II. zur Notwendigkeit der Neuevangelisierung

Unzählige Male habe ich in diesen Jahren den Aufruf zur Neuevangelisierung wiederholt. Ich bekräftige ihn jetzt noch einmal, vor allem um darauf hinzuweisen, dass es unbedingt nötig ist, in uns wieder den Schwung des Anfangs dadurch zu entzünden, dass wir uns von dem glühenden Eifer der apostolischen Verkündigung, die auf Pfingsten folgte, mitreißen lassen. Wir müssen uns die glühende Leidenschaft des Paulus zu eigen machen, der ausrief: „Weh mir, wenn

ich das Evangelium nicht verkünde!“ (1 Kor 9,16).

Diese Leidenschaft wird es nicht versäumen, ein neues missionarisches Engagement in der Kirche zu wecken, das nicht einer kleinen Schar von „Spezialisten“ übertragen werden kann, sondern letztendlich die Verantwortung aller Glieder des Gottesvolkes einbeziehen muss. Wer Christus wirklich begegnet ist, kann ihn nicht für sich behalten, er muss ihn verkündigen.

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Das Angebot Jesu Christi muss voll Vertrauen an alle ergehen. Man soll sich an die Erwachsenen, an die Familien, an die Jugendlichen, an die Kinder wenden, ohne jemals die radikalsten Forderungen zu verheimlichen, die das Evangelium stellt. Doch man muss auch den Bedürfnissen jedes einzelnen entgegenkommen, was Einfühlungsvermögen und Sprache anbelangt. Paulus kann dafür als Beispiel dienen: „Allen bin ich alles geworden, um auf jeden Fall einige zu retten“ (1 Kor 9,22). Während ich das alles empfehle, denke ich besonders an die Jugendseelsorge. Gerade im Hinblick auf die Jugendlichen hat uns das Jubiläum – woran ich kurz vorher schon erinnert habe – ein Zeugnis hochherziger Bereitschaft geboten. Wir müssen diese tröstende Antwort dadurch zur Geltung bringen, dass wir jenen Enthusiasmus wie ein neues Talent investieren (vgl. Mt 25,15), das der Herr uns in die Hand gegeben hat, damit wir es Früchte bringen lassen.

In diesem vertrauensvollen, zupackenden und kreativen missionarischen Bemühen trage und leite uns das leuchtende Beispiel vieler Glaubenszeugen, an die uns das Jubiläum erinnert hat. Die Kirche hat in ihren Märtyrern stets einen Samen des Lebens gefunden. Sanguis martyrum – semen christianorum: Dieses berühmte „Gesetz“, das Tertullian aufstellte, hat seine Wahrheit in der Geschichte bewiesen.

Wird es nicht auch so sein für das Jahrhundert, ja das Jahrtausend, das wir gerade beginnen? Vielleicht haben wir uns zu sehr daran gewöhnt, die Märtyrer weit weg von uns zu rücken, als handelte es sich um eine Kategorie der Vergangenheit, die vor allem mit den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung zu verbinden ist. Das Gedächtnis des Jubiläums hat uns einen überraschenden Schauplatz eröffnet. Es hat uns gezeigt, dass unsere Zeit reich ist an Zeugen, die auf je eigene Weise trotz Widerstand und Verfolgung das Evangelium zu leben vermochten und dabei oft bis zur höchsten Hingabe des Blutes gegangen sind. In ihnen ist das Wort Gottes auf guten Boden gefallen und hat hundertfältige Frucht gebracht (vgl. Mt 13,8.23).

Mit ihrem Beispiel haben sie uns den Weg in die Zukunft gewiesen und gleichsam geebnet. Uns bleibt nichts, als mit der Gnade Gottes in ihre Fußstapfen zu treten.