24.10.2017

Hl. Papst Johannes Paul II. zum Evangelium vom 24.10.2017

»Der Meister ist da und läßt dich rufen« (Joh 11, 28). Diese Worte kann man im Hinblick auf die priesterliche Berufung Lesen. Gottes Ruf steht am Beginn des Weges, den der Mensch in seinem Leben gehen muss: Das ist die vorrangige und grundlegende Dimension der Berufung, aber nicht die einzige. Mit der Priesterweihe beginnt in der Tat ein Weg, der bis zum Tod dauert und der zur Gänze ein Weg der »Berufung« ist. Der Herr beruft die Priester zu verschiedenen Aufgaben und Diensten, die sich aus dieser Berufung ableiten. Aber es gibt noch eine tiefere Schicht. Außer den Aufgaben, die Ausdruck des priesterlichen Dienstes sind, bleibt immer im tiefsten Grund die Wirklichkeit selbst, »Priester zu sein«. Die Lebensumstände und -situationen fordern den Priester unaufhörlich dazu auf, seine ursprüngliche Wahl zu bekräftigen und immer wieder von neuem auf Gottes Ruf zu antworten. Unser priesterliches Leben ist wie jede wahrhaft christliche Existenz eine Aufeinanderfolge von Antworten auf Gott, der ruft.

Kennzeichnend dafür ist das Gleichnis der Knechte, die auf die Rückkehr ihres Herrn warten. Weil er sich verspätet, müssen sie wachen, um bei seiner Ankunft wachend angetroffen zu werden (vgl. Lk 12, 35-40). Könnte diese dem Evangelium gemäße Wachsamkeit nicht eine andere Deutung der Antwort auf die Berufung sein? Man gibt sie tatsächlich dank eines wachen Verantwortungsbewußtseins. Christus betont: »Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt... Und kommt er erst in der zweiten oder dritten Nachtwache und findet sie wach — selig sind sie« (Lk 12, 37-38).