24.03.2017

Hl. Papst Johannes Paul II. zum ersten Gebot

Es ist kein Zufall, dass Jesus in dem soeben vernommenen Abschnitt aus dem Evangelium dem Schriftgelehrten, der ihn nach dem ersten aller Gebote fragt, mit dem „Höre Israel“ antwortet: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele und mit deiner ganzen Kraft“ (Mk 12,30). Der Akzent liegt auf „ganz“: Die Gottesliebe muss „ganzheitlich“ sein. Doch Gott allein kann das menschliche Herz vom Egoismus reinigen und ihn dazu befreien, dass er voll und ganz lieben kann.

Ein Mensch, der ein so „gereinigtes und gutes“ Herz hat, kann sich dem Mitmenschen öffnen und sich mit der derselben Umsicht um ihn kümmern, wie er sich um sich selbst sorgt. Deshalb fügt Jesus an: „Als zweites (Gebot) kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Mk 12,31). Wer Gott aus ganzem Herzen liebt, wer ihn als „einzigen Gott“ und damit als Vater aller anerkennt, der muss alle, denen er auf seinem Weg begegnet, ebenso als seine Brüder ansehen.

Predigt, 5. November 2000