19.10.2017

Hl. Papst Johannes Paul II.: Christus offenbart Gott, den Vater als Liebe und Erbarmen19.10.2017

Jesus offenbarte insbesondere durch seinen Lebensstil und seine Taten, wie die Liebe, die wirkende Liebe, die Liebe, die sich dem Menschen zuwendet und alles umfängt, was sein Menschsein ausmacht, in unserer Welt gegenwärtig ist. Diese Liebe tritt besonders dort in Erscheinung, wo sie mit Leid, Ungerechtigkeit und Armut in Berührung kommt, mit der konkreten conditio humana, der geschichtlichen Befindlichkeit des Menschen, die auf verschiedene Weise von der physischen und moralischen Begrenztheit und Gebrechlichkeit des Menschen geprägt ist. Gerade wegen der Art und des Bereichs, in denen sich die Liebe kundtut, wird sie in der Sprache der Bibel auch als »Erbarmen« bezeichnet.

Christus offenbart Gott, der Vater ist, der »Liebe ist«, wie sich der heilige Johannes in seinem ersten Brief ausdrücken wird; er offenbart Gott, der »voll Erbarmen« ist, wie wir beim heiligen Paulus lesen. Diese Wahrheit ist nicht so sehr Gegenstand einer Belehrung, sondern in erster Linie eine Wirklichkeit, die uns durch Christus gegenwärtig wird. Den Vater als Liebe und Erbarmen gegenwärtig zu machen, ist für ihn die grundlegende Verwirklichung seiner Sendung als Messias; das bestätigen die Worte, die er in der Synagoge von Nazaret gesprochen hat und dann vor seinen Jüngern und vor den Boten Johannes' des Täufers.

Im Rahmen dieser Bekundung der Gegenwart Gottes als Vater, Liebe und Erbarmen macht Jesus das Erbarmen zu einem der Hauptthemen seiner Lehrtätigkeit. Wie gewöhnlich, spricht er auch hier vor allem »in Gleichnissen«, da diese das eigentliche Wesen der Dinge besser zum Ausdruck bringen. Es genügt, in diesem Zusammenhang an die Gleichnisse vom verlorenen Sohn oder vom barmherzigen Samariter oder auch − als Gegensatz dazu − an das Gleichnis vom unbarmherzigen Diener zu erinnern. Zahlreich sind die Abschnitte in der Unterweisung Christi, welche die erbarmende Liebe unter immer neuen Gesichtspunkten schildern. Halten wir uns nur den guten Hirten vor Augen auf der Suche nach seinem verlorenen Schaf oder die Frau, welche das ganze Haus durchkehrt, um die verlorene Drachme zu finden. Diese Themen der Lehre Christi werden besonders vom Evangelisten Lukas behandelt, dessen Evangelium den Ehrennamen »Evangelium des Erbarmens« bekam.