10.06.2017

Hl. Papst Johannes Paul II. zum heutigen Evangelium

Manchmal kommen Frauen in den Gleichnissen vor, mit denen Jesus von Nazaret seinen Zuhörern die Wahrheit über das Reich Gottes erläuterte. So in den Gleichnissen von der verlorenen Drachme (vgl. Lk 15, 8-10), vom Sauerteig (vgl. Mt 13, 32), von den klugen und törichten Jungfrauen (vgl. Mt 25, 1-13). Besonders eindrucksvoll ist die Erzählung vom Scherflein der armen Witwe. Während »die Reichen ihre Gaben in den Opferkasten legten (...), warf eine arme Witwe zwei kleine Münzen hinein«. Da sagte Jesus: »Diese arme Witwe hat mehr hineingeworfen als alle anderen (...); denn sie, die kaum das Nötigste zum Leben hat, hat ihren ganzen Lebensunterhalt hergegeben« (Lk 21, 1. 4). Auf diese Weise stellt Jesus sie als Vorbild für alle hin und tritt zugleich für sie ein; denn im damaligen Gesellschafts- und Rechtssystem waren die Witwen völlig schutzlos (vgl. auch Lk 18, 1-7).

In der gesamten Lehre Jesu wie auch in seinem Verhalten stoßen wir auf nichts, was die zu seiner Zeit übliche Diskriminierung der Frau widerspiegeln würde. Im Gegenteil, seine Worte und Taten bringen stets die der Frau gebührende Achtung und Ehrfurcht zum Ausdruck. Die verkrümmte Frau wird sogar »Tochter Abrahams« genannt (Lk 13, 16), während dieser Titel (in der Form »Sohn Abrahams«) in der ganzen Bibel immer nur Männern beigelegt wird. Auf seinem Leidensweg nach Golgota wird Jesus zu den Frauen sagen: »Ihr Frauen von Jerusalem, weint nicht über mich!« (Lk 23, 28). Diese Art und Weise, von den Frauen und mit den Frauen zu sprechen, sowie die Art des Umgangs mit ihnen stellt angesichts der damals herrschenden Gepflogenheiten etwas völlig »Neues« dar.