10.04.2017

Hl. Papst Johannes Paul II. zum kostbaren Geschenk des geweihten Lebens

Nicht wenige fragen sich heutzutage ratlos: Wozu soll das geweihte Leben gut sein? Warum lassen sich Menschen auf diese Lebensform ein, wo es doch... so viele dringende Notwendigkeiten gibt, auf die man auch antworten kann, ohne die besonderen Verpflichtungen des geweihten Lebens zu übernehmen? Ist das geweihte Leben nicht vielleicht so etwas wie eine »Verschwendung« menschlicher Kräfte, die, würde man einem Wirksamkeitskriterium folgen, für ein größeres Gut zum Vorteil der Menschheit und der Kirche nutzbar wären?... Solche Fragen hat es immer gegeben, wie die Episode der Salbung in Betanien aus dem Evangelium anschaulich beweist: »Da nahm Maria ein Pfund echtes, kostbares Nardenöl, salbte Jesus die Füße und trocknete sie mit ihrem Haar. Das Haus wurde vom Duft des Öls erfüllt« (Joh 12,3). Als Judas unter dem Vorwand der Not der Armen diese Verschwendung beklagte, antwortete ihm Jesus: »Lass sie gewähren!« (Joh 12,7).

Das ist die noch immer gültige Antwort auf die Frage, die sich, und sei es auch in gutem Glauben, so viele in Bezug auf die Aktualität des geweihten Lebens stellen:... »Lass sie gewähren«. Wem das unschätzbare Geschenk gewährt wird, dem Herrn Jesus mehr aus der Nähe zu folgen, dem erscheint es klar, dass er mit ungeteiltem Herzen geliebt werden kann und muss, dass man ihm das ganze Leben und nicht nur einige Gesten, einige Momente oder einige Aktivitäten widmen kann. Das kostbare Salböl, das als reiner Akt von Liebe und daher fern jeder »utilitaristischen« Überlegung vergossen wurde, ist Zeichen von Übermaß an Unentgeltlichkeit, wie es in einem Leben zum Ausdruck kommt, das hingegeben wird, um den Herrn zu lieben und ihm zu dienen, um sich seiner Person und seinem mystischen Leib zu widmen. Aber von diesem »verschwendeten« Leben verbreitet sich ein Duft, der das ganze Haus erfüllt. Das Haus Gottes, die Kirche, ist durch das Vorhandensein des geweihten Lebens... geschmückt... Das geweihte Leben [ist] gerade in seinem Übermaß an Unentgeltlichkeit und Liebe von Bedeutung, und das um so mehr in einer Welt, die Gefahr läuft, im Strudel des Vergänglichen zu ersticken.

Apostolisches Schreiben „Vita Consecrata“, §104-105 vom 25.03.1996