09.11.2017

Hl. Papst Johannes Paul II. zur Selbstverleugnung

Sich selbst zu verleugnen bedeutet, auf die eigenen, oft beschränkten und engherzigen Projekte zu verzichten, um den Plan Gottes anzunehmen: Das ist der Weg der Bekehrung, der für das christliche Dasein unentbehrlich ist und der den Apostel Paulus zur Aussage führte: »Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir« (Gal 2,20).

Jesus verlangt nicht, auf das Leben zu verzichten, sondern eine Neuheit und Fülle des Lebens anzunehmen, die nur Er geben kann. In den Tiefen des Menschenwesens wurzelt die Neigung, »an sich zu denken«, die eigene Person in den Mittelpunkt des Interesses zu stellen und sich selbst zum Maß aller Dinge zu machen. Wer aber Christus folgt, der lehnt diesen Rückzug ins Ich ab und bewertet die Dinge nicht auf der Grundlage des eigenen Nutzens: Er betrachtet das gelebte Leben im Hinblick auf Schenken und Unentgeltlichkeit, nicht auf Eroberung und Besitz. Das wahre Leben äußert sich nämlich in der Selbsthingabe, die eine Frucht der Gnade Christi ist: ein freies Dasein, in Gemeinschaft mit Gott und mit den Brüdern (vgl. Gaudium et spes , 24).

Wenn die Nachfolge des Herrn zum höchsten Wert wird, dann empfangen alle anderen Werte davon ihre rechte Anordnung und Wichtigkeit. Wer nur auf irdische Güter setzt, wird letztendlich verlieren, trotz allen vermeintlichen Erfolgs: Der Tod wird ihn mit vielen angehäuften Dingen, aber in einem verfehlten Leben überraschen (vgl. Lk 12,13 –21). Die Entscheidung fällt also zwischen Sein und Haben, zwischen einem erfüllten Leben und einem leeren Dasein, zwischen Wahrheit und Lüge.