09.10.2017

Hl. Papst Johannes Paul II. zum Evangelium vom 09.10.2017

„Wer ist mein Nächster?“

Ihr erinnert Euch: Auf diese Frage eines Gesetzeslehrers antwortet Jesus mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter, nachdem jener ihm zuvor freimütig gesagt hatte, was er im Gesetz las: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele, mit all deiner Kraft und all deinen Gedanken, und: Deinen Nächsten sollst du lieben wie dich selbst“ (Lk 10,27-29).

Der Barmherzige Samariter, das ist vor allem Christus selbst. Er ist als erster uns nahegekommen und hat uns zu seinem Nächsten gemacht, um uns zu helfen, uns zu heilen und zu retten: „Er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz“ (Phil 2,7.8).

Wenn es noch Distanz gibt zwischen Gott und uns, kann das nur an uns selbst liegen, an den Hindernissen, die wir Gottes Annäherung entgegensetzen: Die Sünde in unserem Herzen, die Ungerechtigkeiten, die wir begehen, der Hass und die Zwietracht, die wir nähren, das alles bewirkt, dass wir Gott noch nicht mit ganzer Seele, mit all unserer Kraft lieben. Die Fastenzeit ist die beste Zeit für Reinigung und Buße, um unserem Heiland Jesus Christus die Möglichkeit zu geben, uns zu seinem Nächsten zu machen und durch seine Liebe zu heilen.

Das zweite Hauptgebot ist ebenso wichtig wie das erste (vgl. Mt 22,39) und mit diesem unlösbar verbunden. Wir lieben die Mitmenschen mit der Liebe, die Gott uns ins Herz gibt und mit der er selbst sie liebt. Wieviele Hindernisse gibt es auch hier, um den anderen zu unserem Nächsten zu machen: Wir lieben Gott und die Brüder nicht genug.

Lasst Euch deshalb vom Geist der Buße und der Umkehr durchdringen, dem Geist der Liebe und des Teilens. Macht Euch in der Nachfolge Christi zum Nächsten für die Nackten und Verwundeten, für die, welche die Welt nicht kennt oder abweist.

Und wenn Ihr Euch immer noch die Frage stellt: „Wer ist mein Nächster?“, so lest die Antwort auf dem Antlitz des auferstandenen Herrn und hört sie von seinen Lippen: „Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40).