09.01.2017

Die Verehrung des Eucharistischen Geheimnisses

Die Verehrung richtet sich auf Gott, den Vater, durch Jesus Christus im Heiligen Geist. Vor allem auf den Vater, der nach den Worten des Johannesevangeliums «so sehr die Welt geliebt hat, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat».

Die Verehrung richtet sich im Heiligen Geist aber auch auf diesen fleischgewordenen Sohn Gottes in seinem Heilswerk, vor allem in jenem Augenblick höchster Hingabe und völliger Loslösung von sich selbst, auf den sich die Worte beziehen, die im Abendmahlssaal gesprochen worden sind: «Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird» – «Das ist ... mein Blut, das für euch vergossen wird. . .». Der liturgische Ruf «Deinen Tod, o Herr, verkünden wir...» verbindet uns gerade mit diesem Augenblick. Bei der Verkündigung seiner Auferstehung umfangen wir mit demselben Akt der Verehrung zugleich Christus als den Auferstandenen und den «zur Rechten des Vaters» Verherrlichten wie auch die Erwartung seiner «Wiederkunft in Herrlichkeit».

Was uns jedoch dazu veranlaßt, jenen Erlöser anzubeten, der «gehorsam war bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz», ist die freiwillige Entäußerung, die der Vater angenommen und mit der Herrlichkeit der Auferstehung belohnt hat, wenn wir sie zusammen mit der Auferstehung auf sakramentale Weise feiern.

Diese unsere Anbetung enthält noch eine weitere Besonderheit. Sie ist durchdrungen von der Größe dieses Todes eines Menschen, bei dem die Welt, das heißt jeder von uns, «bis zur Vollendung» geliebt worden ist. So stellt sie auch eine Antwort dar, die jene Liebe entgelten will, die sich bis zum Tod am Kreuz verschenkt hat: dies ist unsere «Eucharistia», unser Dank und Lobpreis dafür, dass er uns durch seinen Tod erlöst und durch seine Auferstehung an seinem unsterblichen Leben Anteil gegeben hat.

Eine solche Verehrung, die sich auf die Heiligste Dreifaltigkeit, den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, bezieht, begleitet und durchdringt mehr als alles andere die Feier der eucharistischen Liturgie. Sie soll aber unsere Kirchen auch außerhalb der Meßzeiten erfüllen. Denn weil das Geheimnis der Eucharistie seine Entstehung einer großen Liebe verdankt und uns Christus in sakramentaler Weise gegenwärtig setzt, verdient es unseren Dank und unsere Verehrung. Diese Verehrung muss sich bei jeder unserer Begegnung mit dem heiligsten Sakrament zeigen, sei es wenn wir unsere Kirchen besuchen oder wenn die heilige Kommunion zu den Kranken gebracht und ihnen gereicht wird.

Die Anbetung Christi in diesem Sakrament seiner Liebe muss dann auch seinen Ausdruck in vielfältigen Formen eucharistischer Frömmigkeit finden: persönliches Gebet vor dem Allerheiligsten, Anbetungsstunden, kürzere oder längere Zeiten der Aussetzung, das jährliche Vierzigstündige Gebet, der Sakramentale Segen, eucharistische Prozessionen, Eucharistische Kongresse. Einen besonderen Hinweis verdient an dieser Stelle das Fronleichnamsfest als ein öffentlicher Akt der Verehrung, der dem in der Eucharistie gegenwärtigen Christus bezeugt wird, wie es mein Vorgänger Papst Urban IV. in Erinnerung an die Einsetzung dieses großen Geheimnisses gewollt hat. Dies alles entspricht also den allgemeinen Prinzipien und besonderen Normen, die schon seit langem in Geltung sind und während oder nach dem II. Vatikanischen Konzil erneut festgelegt worden sind.

Die Belebung und Vertiefung der eucharistischen Frömmigkeit sind der Beweis für jene wahre Erneuerung, die das Konzil sich zum Ziel gesetzt hat und deren inneren Kern sie darstellen. Dies aber, verehrte, liebe Mitbrüder, verdient eine gesonderte Betrachtung. Die Kirche und die Welt haben die eucharistische Verehrung sehr nötig. In diesem Sakrament der Liebe wartet Jesus selbst auf uns. Keine Zeit sei uns dafür zu schade, um ihm dort zu begegnen: in der Anbetung, in einer Kontemplation voller Glauben, bereit, die große Schuld und alles Unrecht der Welt zu sühnen. Unsere Anbetung sollte nie aufhören.

Brief „Cena Domini“, 24.02.1980