07.04.2017

Hl. Papst Johannes Paul II. zum Blick Christi

Fest steht, dass von den ältesten Zeiten an der Spruch des Gewissens den Menschen auf eine objektive moralische Norm hinlenkt, die ihren konkreten Ausdruck in der Achtung vor der Person des anderen und in jenem Prinzip findet, dem Nächsten nichts zuzufügen, von dem man nicht will, dass es einem selbst angetan wird.1

Hierin sehen wir schon deutlich jene objektive Moral aufleuchten, von der der hl. Paulus sagt, dass sie dem Herzen eingeschrieben ist und vom Gewissen bezeugt wird. (Vgl. Röm 2,15). Der Christ erblickt hier leicht das Licht des schöpferischen Wortes Gottes, das jeden Menschen erleuchtet (Vgl. Joh 1,9; Nostra Aetate, 2); und gerade weil er diesem Wort folgt, das Mensch geworden ist, erhebt er sich zum höheren Gesetz des Evangeliums, das im Liebesgebot positiv von ihm verlangt, dem Nächsten all das Gute zu tun, von dem er möchte, dass es auch ihm selbst getan werde. Der Christ besiegelt so die innere Stimme seines Gewissens mit der bedingungslosen Nachfolge Christi und seines Wortes.

Weiterhin wünsche ich euch, dass ihr nach dieser Erkenntnis der wesentlichen und wichtigen Fragen für eure Jugend, für den Entwurf des gesamten Lebens, das vor euch liegt, das erfahren dürft, wovon das Evangelium spricht: „Jesus sah ihn an und gewann ihn lieb“. Ich wünsche euch, diesen Blick Jesu erleben zu dürfen! Ich wünsche euch, die Wahrheit zu erfahren, dass er, Christus, euch in Liebe anblickt!

Jedem Menschen schenkt er diesen Blick der Liebe. Das Evangelium bestätigt dies auf jeder Seite. Man kann sogar sagen, dass in diesem liebenden Blick Christi gleichsam eine Zusammenfassung der ganzen Frohen Botschaft enthalten ist. Wenn wir den Beginn dieses Blickes suchen, müssen wir bis zum Buch Genesis zurückgehen, bis zu jenem Moment, da Gott nach der Erschaffung des Menschen als „Mann und Frau“ sah, dass „alles ... sehr gut war“ (Gen 1,31). Dieser allererste Blick des Schöpfers findet sich im Blick Christi wieder, mit dem er das Gespräch mit dem jungen Mann im Evangelium begleitet.

Wir wissen, dass Christus diesen liebenden Blick durch sein erlösendes Opfer am Kreuz bekräftigen und besiegeln wird; denn gerade durch dieses Opfer hat jener „Blick“ eine besondere Tiefe der Liebe erlangt. Dort ist eine solche Bejahung des Menschen und der Menschheit enthalten, wie sie nur ihm möglich ist, Christus, dem Erlöser und Bräutigam. Er allein weiß, „was im Menschen ist“. Er kennt seine Schwäche (Vgl. Joh 2,25); er kennt aber auch und vor allem seine Würde.

Ich wünsche jedem und jeder von euch, diesen Blick Christi zu entdecken und ihn bis in die Tiefe zu erfahren.